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Finanztest: So beurteilen Anwälte Rechtsschutzversicherungen
Zumindest auf den Webseiten der deutschen Rechtsschutzversicherer ist die Welt im Jahr 2018 noch in Ordnung. Beispielhaft sei hier die ARAG SE erwähnt, die sich in ihrem Internetauftritt kürzlich problembewusst gab: „Ärger mit einem Hornochsen? Wir helfen. Auch rückwirkend! Wenn Sie sich im Straßenverkehr mit einem Hornochsen streiten oder Ärger wegen Ordnungswidrigkeiten haben: Wir sind sofort und ohne Wartezeit für Sie da!“
Was das Deckungsversprechen im Belastungsfall wert sein kann, führt der Abgas-Diesel-Skandal in bemerkenswerter Weise vor Augen. „Die Rechtsschutzversicherungen zeigten sich im VW-Abgasskandal bislang wenig kooperativ. Oft lehnen sie bereits telefonisch jegliche Deckung eines möglichen Rechtsstreites gegen die Volkswagen AG ab“, berichtet am 21.6.17 der FOCUS. Weiter heißt es: „Unter anderem verurteilte das Landgericht Düsseldorf die Rechtsschutzversicherung ARAG SE in zahlreichen Fällen zu Deckungszusagen im VW-Abgasskandal (vgl. 9 O 95/16, 9 O 157/16, 9 O 113/16). Die Beklagte verweigerte seit Bekanntwerden des sog. Diesel-Gates beharrlich Deckungszusagen zu erteilen, da gerade in diesem Fall, d.h. bei gerichtlicher Auseinandersetzung mit VW oder entsprechenden Händlern Erfolgsaussichten nicht hinreichend seien. Diese Einschätzung jedoch ist grob rechtswidrig.“
Auch auf der Internetseite der Stiftung Warentest finden sich Rechtsschutzversicherer wieder, die in den dort bezeichneten Fällen, von den Gerichten zur Deckung verurteilt werden mussten. Die Liste der Versicherer und die sich dort wiederfindenden lesenswerten Anmerkungen haben es in sich.
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Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht & Versicherungsrecht
Gegenstand der Auseinandersetzung betrafen zumeist die Frage nach den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung. Leichtsinnigerweise haben die betroffenen Rechtsschutzversicherer unter Punkt 3.4.2. und 3.4.3. der jeweiligen ARB einen Passus aufgenommen, der ihnen jetzt auf die Füße fällt, siehe Allgemeine Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2012), Musterbedingungen des GDV, Stand: April 2018.
Hiernach kann der Rechtsschutzversicherer dem Versicherten im Rahmen des Schiedsgutachterverfahrens für die Stellungnahme des Anwalts eine Frist von einem Monat setzen. So heißt es in den jeweiligen Vorschriften wie folgt:
3.4.2.
„Was geschieht, wenn wir eine Leistungspflicht nach 3.4.1 ablehnen und Sie damit
nicht einverstanden sind?
In diesem Fall können Sie den für Sie tätigen oder noch zu beauftragenden
Rechtsanwalt veranlassen, eine begründete Stellungnahme abzu-geben, und
zwar zu folgenden Fragen:
• Besteht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg und
• steht die Durchsetzung Ihrer rechtlichen Interessen in einem angemessenen
Verhältnis zum angestrebten Erfolg?
Die Kosten für diese Stellungnahme übernehmen wir.
Die Entscheidung des Rechtsanwalts ist für Sie und uns bindend, es sei denn,
dass diese Entscheidung offenbar von der tatsächlichen Sach- oder Rechtslage
erheblich abweicht.“
3.4.3.
„Für die Stellungnahme können wir Ihnen eine Frist von mindestens einem Monat
setzen. Damit der Rechtsanwalt die Stellungnahme abgeben kann, müssen Sie
ihn vollständig und wahrheitsgemäß über die Sachlage unterrichten. Außerdem
müssen Sie die Beweismittel angeben. Wenn Sie diesen Verpflichtungen nicht
nachkommen, entfällt Ihr Versicherungsschutz.
Wir sind verpflichtet, Sie auf diese mit dem Fristablauf verbundenen Rechtsfolgen
(Verlust des Versicherungsschutzes) hinzuweisen.“
Das Landgericht Düsseldorf (Urt. v. 9.3.2017 – 9 0 157/16) und das Oberlandesgericht Düsseldorf (Beschl. v. 21.9.2017 – I-4 U 87/17) haben diese Klauseln für unwirksam erachtet, weil sie in Abweichung von § 129 VVG den Versicherten benachteiligen.
Folglich können sich die betroffenen Rechtsschutzversicherer, an dieser für sie wichtigen Stelle, nicht mehr darauf berufen, die Rechtsverfolgung habe keine Aussicht auf Erfolg. Die Erfolgsaussichten werden schlicht fingiert. Soweit der Anwalt den VN über die möglicherweise fraglichen Erfolgsaussichten belehrt hat, dürfte es dem jeweiligen Rechtsschutzversicherern schwer fallen, einen Regressprozess gegen den mandatierten Anwalt anzustrengen.
„Schutz mit Tücken, Millionen Deutsche haben eine Rechtsschutzversicherung. Doch statt Unterstützung in schwierigen Situationen bedeutet das für viele nur zusätzlichen Ärger. Rund 500 weitere Autobesitzer mussten erst mal klagen, um klagen zu können“, berichtet die WELT am Sonntag (Schutz mit Tücken, WELT AM SONNTAG, 8. APRIL 2018, Nr. 14, 28).
„Dass Versicherte ausgerechnet ihre Rechtsschutzversicherung verklagen, erscheint trotzdem zunächst absurd. Dabei ist gerade hier Streit an der Tagesordnung. Bei keiner anderen Versicherung gibt es mehr Ärger. 2016 gingen bei der zuständigen Schlichtungsstelle Versicherungsombudsmann die meisten Beschwerden über Rechtsschutzversicherungen ein“, stellt die Welt am Sonntag weiter fest. Der Ombudsmann für Versicherungen, Prof. Dr. Günter Hirsch, ehemaliger Präsident des Bundesgerichtshofs, hat am 29. Mai 2018 in Berlin seinen neuen Jahresbericht 2017 vorgelegt. „Es gebe auffällig viele Beschwerden zu gleichgelagerten Sachverhalten, wie z. B. zur VW-Abgasaffäre oder zu Widerspruchsfällen in der Rechtsschutzversicherung, die von wenigen oder gar nur einzelnen Rechtsanwaltskanzleien eingelegt würden“, ist in der Pressemitteilung vom 29.05.2018 zu lesen.
Finanztest: Wer ist Anwalts Liebling?
Schließlich wollte auch die Stiftung Warentest in ihrem Magazin Finanztest im Juni 2018 wissen, mit welchen Rechtsschutzversicherern die Anwälte in den letzten zwölf Monaten am häufigsten zu tun hatten und welche Erfahrungen sie mit ihnen gemacht haben und veröffentlichte die Ergebnisse in der Finanztest-Ausgabe 8/2018.
Prima Klima zwischen den Anwälten und den Rechtsschutzversicherern? An der Untersuchung nahmen 315 Mitglieder des Deutschen Anwaltsvereins teil. Das Spektrum der Antworten reicht von positiv, eher positiv bis hin zu eher negativ bzw. negativ.
Bei der Komplexität der Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen ist es nicht verwunderlich, dass zwischen den Protagonisten nicht nur eitel Sonnenschein herrscht. Das Ergebnis der Befragung (Finanztest 8/2018): Sonnenschein bis wechselnd bewölkt mit einigen Regenschauern.
Beschwerdestatistik der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht 2017
Auch die nachfolgende Auflistung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zeigt anschaulich, dass die Anzahl der bei der BaFin eingegangenen Beschwerden gemessen an der Vielzahl der durch die Rechtsschutzversicherer versicherten Risiken verschwindend gering ist.
Hinsichtlich der Bewertung dieser Statistik sind aber auch die Funktionen der BaFin zu berücksichtigen. Diese wird nämlich als Aufsichtsbehörde primär im öffentlichen Interesse tätig und hat grundsätzlich nicht zur Aufgabe, konkrete Einzelfälle von Versicherungsnehmern zu entscheiden. Hauptziel der BaFin als „Marktaufsicht“ ist insoweit, ein funktionsfähiges, stabiles und integeres deutsches Finanzsystem zu gewährleisten und Verhaltensstandards durchzusetzen.
Reg. Nr. | Name des Versicherungsunternehmens | Bestand 31.12.2010 | Beschwerden 2010 | Bestand 31.12.2016 | Beschwerden 2017 |
5826 | ADAC-RECHTSSCHUTZ | 2.590.810 | 5 | 2.223.536 | 9 |
5809 | ADVOCARD RS. | 1.483.049 | 56 | 1.523.449 | 34 |
5312 | ALLIANZ VERS. | 2.449.048 | 59 | 2.421.395 | 37 |
5405 | ALTE LEIPZIGER VERS. | 427.404 | 67 | 333.977 | 24 |
5800 | ARAG ALLG. RS | 1.378.643 | 60 | 1 | |
5455 | ARAG SE | 5 | 1.446.227 | 91 | |
5801 | AUXILIA RS | 506.243 | 11 | 543.511 | 8 |
5838 | BADISCHE RECHTSSCHUTZ | 159.142 | 4 | 169.531 | 3 |
5310 | BAYER. BEAMTEN VERS. | 12 | 2 | ||
5098 | BRUDERHILFE SACH. AG | 100.308 | 4 | 90.558 | 3 |
5831 | CONCORDIA RS | 411.068 | 21 | 421.488 | 7 |
5340 | CONTINENTALE SACHVERS | 86.518 | 5 | 126.329 | 4 |
5802 | D.A.S. ALLG. RS | 2.827.677 | 91 | 1 | |
5343 | DA DEUTSCHE ALLG. VER. | 1 | |||
5311 | DBV DT. BEAMTEN-VERS. | 1 | |||
5549 | DEBEKA ALLGEMEINE | 358.238 | 6 | 426.865 | 7 |
5803 | DEURAG DT. RS | 1.150.144 | 63 | 1.218.523 | 48 |
5513 | DEVK ALLG. VERS. | 1 | |||
5829 | DEVK RECHTSSCHUTZ | 1.047.209 | 8 | 1.107.762 | 31 |
5129 | DFV DEUTSCHE FAM. VERS | 3 | |||
5834 | DMB RECHTSSCHUTZ | 799.885 | 15 | 800.305 | 5 |
5472 | ERGO VERSICHERUNG | 2.098.404 | 33 | ||
5365 | GVO GEGENSEITIGKEIT | 4 | |||
5365 | GEGENSEITIGKEIT VERS. | 1 | |||
5858 | GOTHAER ALLGEMEINE AG | 1 | |||
5512 | HDI-GERLING FIRMEN | . | 3 | ||
5827 | HDI-GERLING RECHT. | 478.950 | 16 | ||
5096 | HDI GLOBAL SE | 5.864 | 1 | ||
5818 | HUK-COBURG RS | 1.545.882 | 19 | 1.715.189 | 15 |
5086 | HUK24 AG | 3 | 119.749 | 4 | |
5573 | IDEAL VERS. | 1 | 1 | ||
5401 | ITZEHOER VERSICHERUNG | 3 | |||
5812 | JURPARTNER RECHTSSCHU. | 1 | |||
5534 | KS VERSICHERUNGS AG | 1 | |||
5815 | LVM RECHTSSCHUTZ | 724.180 | 11 | 786.123 | 8 |
5402 | LVM SACH | 1 | |||
5412 | MECKLENBURG. VERS. | 142.439 | 2 | 145.673 | 3 |
5334 | MEDIENVERS. KARLSRUHE | 1 | |||
5805 | NEUE RECHTSSCHUTZ | 412.213 | 14 | 450.660 | 16 |
5426 | NÜRNBG. ALLG. | 1 | |||
5813 | OERAG RECHTSSCHUTZ | 1.339.565 | 29 | 1.798.370 | 39 |
5438 | R+V ALLGEMEINE VERS. | 4 | 778.360 | 12 | |
5836 | R+V RECHTSSCHUTZ | 664.569 | 3 | ||
5807 | ROLAND RECHTSSCHUTZ | 1.289.111 | 44 | 1.723.026 | 47 |
5400 | VGH LAND.BRAND.HAN. | 208.498 | 3 | ||
5125 | SIGNAL IDUNA ALLG. | 1 | |||
5459 | UELZENER ALLG. VERS. | 1 | |||
5093 | WESTF. PROV. VERS. AG | 1 | |||
5525 | WGV-VERSICHERUNG | 424.299 | 17 | 427.632 | 16 |
5479 | WÜRTT. GEMEINDE- VERS. | 1 | 1 | ||
5783 | WÜRTT. VERS. | 641.807 | 16 | 689.752 | 10 |
Quelle: www.bafin.de
Karikaturen: Mit bestem Dank an Philipp Heinisch www.kunstundjustiz.de/
Der Beitrag beinhaltet Auszüge aus dem Werk von Rechtsanwalt Gregor Samimi, AnwaltFormulare Rechtsschutzversicherung, 4. Auflage 2018, das im November 2018 im DeutscherAnwaltVerlag erscheint.
- 4. Auflage 2018, ca. 360 Seiten, broschiert
- ISBN 978-3-8240-1557-3
- Erscheinungstermin: ca. 11/2018
- ca. 69,00 €
- vorbestellbar
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