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Fahrerflucht: „Ich habe nichts bemerkt“ – Welche Strafe droht?

Herausgeber: Rechtsanwalt Gregor Samimi, Fachanwalt für Verkehrsrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Strafrecht in Berlin. Aktualisiert am 01.02.2021, 12,00 Uhr. Lesedauer: 00:06:27 Minuten.

Fahrerflucht kommt täglich nicht nur in Berlin, sondern deutschlandweit vor. Im vergangenen Jahr beging bei etwa jedem zehnten Unfall einer der Beteiligten Fahrerflucht. In vielen Fällen handelt es sich dabei um kleinere Blechschäden, doch es kommt auch immer wieder zu Verkehrsunfällen, bei denen Personen Schäden davontragen. Auch die Berliner Polizei hat mit Fahrerflucht alle Hände voll zu tun. Nahezu stündlich verursachen Verkehrsteilnehmer beim Ein- und Ausparken mehr oder weniger kleine Schäden am Fahrzeug anderer Verkehrsteilnehmer. Anstatt anzuhalten und die Polizei zu informieren, ergreifen die Fahrer die Flucht. Etwas anders gelagert sein können Fälle, bei denen der Fahrer nichts von einem Unfall bemerkt haben will und sich plötzlich dem Vorwurf der Fahrerflucht ausgesetzt fühlt. Wie Sie sich gegen den Vorwurf der Fahrerflucht zur Wehr setzen erfahren Sie hier:

Delle und Streifspuren in der Stoßstange einer grauen Mercedes E-Klasse in einer Parkbucht stehend.
Dieser Parkrempler am Fahrzeug eines anderen Verkehrsteilnehmers dürfte bemerkt worden sein. Es sind deutliche und frische Spuren sichtbar.

Kann ich mich der Fahrerflucht strafbar machen, wenn ich nichts bemerkt habe? 

In der anwaltlichen Praxis sind Fälle keine Seltenheit, bei denen die Mandanten beim Vorwurf der Fahrerflucht gem. § 142 StGB glaubhaft angeben, nichts von einem Unfall oder Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug bemerkt zu haben. Erst durch den Vorwurf innerhalb des Ermittlungsverfahrens erfahren sie von einem angeblichen Unfall und sind entrüstet. Durch die Ermittlungsbehörden werden diese Angaben zumeist als Schutzbehauptungen abgetan.

Die Tatsache, dass es eine regelrechte Betrugsmasche existiert, wonach fremde Personen Fahrer der Unfallflucht beschuldigen zeigt jedoch, dass es keineswegs eine bloße Schutzbehauptung des Mandanten sein muss. Auch besteht schlicht die Möglichkeit, dass der Unfall für den Fahrer aufgrund äußerer Umstände nicht wahrnehmbar war. Für den Mandanten ist entscheidend, dass sein Rechtsanwalt eine Einstellung des Verfahrens für ihn erreichen kann.

Was soll ich tun, wenn ich der Fahrerflucht beschuldigt werde, aber keinen Zusammenstoß bemerkt habe?

Probleme können sich im Zusammenhang mit der Wahrnehmbarkeit, also der Bemerkbarkeit eines Unfalls oder Schadens ergeben. In der Praxis der Fahrerflucht geht es in erster Linie um die Wahrnehmbarkeit eines möglichen Anstoßes. Auswirken können sich hierbei persönliche Einschränkungen der Wahrnehmbarkeit des Beschuldigten, wie z.B. gesundheitliche oder körperliche Einschränkungen sein. Oftmals kann hier das Alter des Fahrers bei Beurteilung der Wahrnehmungsfähigkeit eine entscheidende Rolle spielen. Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn sich der Verteidiger auf die mangelnde Wahrnehmbarkeit des Mandanten aufgrund des Alters beruft. Die Staatsanwaltschaft hat die Möglichkeit die Fahrerlaubnisbehörde darüber in Kenntnis zu setzen, die dann Zweifel an der Eignung zum Führen eines Fahrzeuges hegen könnte.

Im schlimmsten Fall kann die Anordnung eines medizinischen Gutachtens oder der MPU (Medizinisch-psychologische Untersuchung) die Folge sein. Dieses Risiko sollte bei der Vorgehensweise stets berücksichtigt werden. Dann ist zwar der Vorwurf der Fahrerflucht aus der Welt geschafft, der Beschuldigte muss um seinen Führerschein fürchten. Weiterhin kann die Wahrnehmbarkeit durch andere Faktoren beeinflusst sein, wie etwa schwierige Verkehrssituationen, Wettereinflüsse, Lichtverhältnisse oder Stresssituationen.

Liegt an sich die Wahrnehmungsfähigkeit des Mandanten vor muss unterschieden werden, ob der Unfall optisch, körperlich und/oder akustisch wahrnehmbar war. Es muss differenziert werden, zwischen der persönlichen Einschätzung und objektiven Tatsachen. Hat beispielsweise ein Zeuge einen Knall wahrgenommen handelt es sich hierbei um eine rein subjektive Einschätzung und bedeutet nicht, dass der Fahrer innerhalb des Fahrzeuges das gleiche wahrnehmen musste.

Regelmäßig wird für den Einwand des Nichtbemerkens ein Sachverständiger bestellt. Damit kann sich das Gericht nicht ausschließlich auf eine akustische Wahrnehmung durch einen Zeugen berufen, wenn der Beschuldigte glaubhaft darlegen kann, dass er den Zusammenstoß nicht wahrgenommen hat. Auch aus der Berührung zweier Fahrzeuge kann nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass der Fahrer diese auch körperlich wahrgenommen hat. Ein Sachverständigengutachten ist durch das Gericht gemäß § 244 Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO) anzuordnen.

Tipps für den verbindlichen Umgang mit den Ermittlungsbehörden und der Versicherung:

💡 Bewahren Sie Ruhe und lassen Sie sich nicht verunsichern.

💡 Machen Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch, insbesondere dann, wenn Sie sich nichts vorzuwerfen haben: „Ich mache von meinem Schweigerecht Gebrauch!“ Unbedachte Äußerungen führen nicht selten zum Entzug der Fahrerlaubnis.

❌ Auf gar keinen Fall sollten Sie gegenüber Ihrer Kfz-Versicherung sich unbedacht äußert. Kontaktieren Sie zuvor einen Anwalt. Denn oft erlangt die Polizei über die Versicherung Kenntnis davon, wer das Fahrzeug gesteuert hat.

Video zum Thema Fahrerflucht: „Ich habe nichts bemerkt!“

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Welche Faktoren spielen bei der Wahrnehmbarkeit eines Unfalls eine Rolle?

Die Wahrnehmung kann auf verschiedenen Umwelteinflüssen beruhen. Dazu gehört zunächst die optische Wahrnehmung. Diese kann beeinträchtigt sein, wenn der Fahrer die Anstoßstelle optisch nicht erfassen kann. Das kann beispielsweise beim Aus- und Einparken der Fall sein, wenn der Fahrer sich in verschiedenen Richtungen umschaut und die berührte Stelle nur über den Spiegel sehen kann. Bei ständigem Blickwechsel kann die optische Wahrnehmung entsprechend eingeschränkt sein.

Besser wahrnehmbar ist in den meisten Fällen die akustische Wahrnehmung, also das Geräusch eines Zusammenstoßes. Auch hier gibt es wieder Faktoren, die eine Wahrnehmungsmöglichkeit beeinflussen können, wie beispielsweise Außengeräusche, Musik oder auch Motorgeräusche. Ein Zeuge, der sich zum Zeitpunkt des Unfalls außerhalb des Wagens befand, kann daher keine direkten Angaben über die Wahrnehmbarkeit im Fahrzeug machen. Daraus lässt sich jedoch ein belastender Rückschluss bilden.

Eine weitere Wahrnehmung des Beschuldigten ist die sensorische oder körperliche Wahrnehmung eines Zusammenstoßes. Auch hier gibt es Einflüsse wie z.B. die Sitzposition, dicke Kleidung oder nur eine leichte Vibration, die eine sensorische Wahrnehmung trügen können.

Was passiert, wenn ich der Fahrerflucht verdächtigt werde und ein Unfallschaden als unerheblich eingeschätzt habe?

Ein weiteres Problem kann bestehen, wenn der Beschuldigte den Unfall zwar bemerkte, den Schaden allerdings für unerheblich hielt. In diesem Fall könnte der Tatbestand der Fahrerflucht gem. § 142 StGB erfüllt sein. Zunächst festgestellt werden muss das genaue Schadensbild, um auszuschließen, dass der Beschuldigte die Beschädigung übersehen hat, ohne dass ihm diesbezüglich Vorsatz anzulasten wäre. Der Vorsatz würde sich darauf erstrecken, dass ein Unfall verursacht wurde. Der Beschuldigte müsste erkannt haben oder zumindest die Möglichkeit in Betracht gezogen haben, dass ein nicht unerheblicher Schaden entsteht. Unwesentlich ist jedoch die Kenntnis von der Art des Schadens. Das bedeutet, es reicht nicht aus, dass der Beschuldigte die Entstehung eines erheblichen Schadens hätte erkennen können. In diesem Fall kann ihm lediglich Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.

Hat sich der Beschuldigte nach Bemerken eines Zusammenstoßes vom Unfallort entfernt, ohne den Schaden zuvor in Augenschein zu nehmen ist die Vermutung gerechtfertigt, dass er sich zumindest vorgestellt hat, dass ein nicht unerheblicher Schaden entstanden sein könnte. Hierbei kann dann bedingter Vorsatz angenommen werden, da die Vorstellung bei einem Unfall mit erheblichem Schaden beteiligt gewesen zu sein zumeist ausreicht.

Die richtige Verteidigung gegen den Vorwurf der Fahrerflucht bei fehlender Wahrnehmbarkeit – Schweigen ist Gold!

⚠️Für den Mandanten besteht eine sehr emotionale Situation, da er sich dem Vorwurf der Fahrerflucht ausgesetzt fühlt, ohne einen Unfall bewusst wahrgenommen zu haben. Der erste Schritt ist zunächst, dass sich der Beschuldigte bedeckt hält, von seinem Schweigerecht gebrauch macht und einen Fachanwalt für Verkehrsrecht beauftragt, der Akteneinsicht nimmt. Auch in diesem Fall gilt der Grundsatz, dass sein Schweigen dem Mandanten nicht negativ zu Last gelegt werden darf. Gegebenenfalls kann es sich empfehlen einen Sachverständigen mit der Untersuchung der Wahrnehmbarkeit des vorgebrachten Unfalls zu beauftragen. Die Kosten kann eine Rechtsschutzversicherung unter Umständen mit übernehmen.

„Ich mache von meinem Schweigerecht Gebrauch!“

Auch geklärt werden muss, ob der Beschuldigte allein im Auto unterwegs war oder ob z.B. weitere Insassen vor Ort waren. Ebenso von Bedeutung sein können die Wetterverhältnisse an diesem Tag, da z.B. starker Regen die Akustik und die Sicht beeinträchtigen können. Es empfiehlt sich weiterhin seiner Kfz-Haftpflichtversicherung den Schaden zu melden. Der Haftpflichtversicherer wird den Schaden dann gegebenenfalls regulieren.

Einlassung bei fehlender Wahrnehmbarkeit

Nachdem Akteneinsicht gewährt wurde ist zu entscheiden, ob eine Einlassung abgegeben wird. Dies ist bei fehlender Wahrnehmbarkeit empfehlenswert, damit eine Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen Fahrerflucht erreicht werden kann. Ausgangspunkt sind die Angaben des Geschädigten über den Schaden. In der Ermittlungsakte enthalten sind dann meist Kostenvoranschläge und möglicherweise ein Sachverständigengutachten. Wesentlich ist es, darauf hinzuweisen, dass durch den bloßen Kostenvoranschlag oder die Behauptung der Schadenshöhe nicht erwiesen ist, dass das Fahrzeug auch repariert wurde.

Die Einlassung des Mandanten, dass er den Unfall nicht bemerkt hat wird durch die Ermittlungsbehörden oder das Gericht schwer zu widerlegen sein, sofern keine Anhaltspunkte vorliegen, wonach der Mandant den Schaden mehrere Minuten begutachtete. Entscheidend kann das Ergebnis des Gutachtens sein. Durch eine frühzeitige Einwirkung der Verteidigung auf die Ermittlungsbehörden kann eine Einstellung der Ermittlung wegen Fahrerflucht nach § 170 Absatz 2 StPO oder §§ 153, 153a StPO erreicht werden. Betroffene sollten daher nicht zögern einen Fachanwalt für Verkehrsrecht und Strafrecht einzuschalten.

§ 142 StGB (Strafgesetzbuch)

In § 142 Absatz 1 des Strafgesetzbuches heißt es unter anderem:

„Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Welche Strafen drohen mir bei Fahrerflucht?

Häufigste Sanktionen* Strafe bzw. Auflage Punkte Fahrverbot/Führerscheinentzung
Schaden kleiner als 600 € Geldauflage keine in der Regel kein Fahrverbot
Schaden kleiner als 1.300 € Geldstrafe 2 bis zu 3 Monate Fahrverbot
Schaden größer als 1.300 € Hohe Geldstrafe (oft ein Monatsnettogehalt) 3 Fahrerlaubnisentzug oft für 10-12 Monate
*ohne Gewähr

Video zum Thema Fahrerflucht – Welche Strafe droht?

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Rechtsanwaltsvergütung und Rechtsschutzversicherung

💰 Rechtsanwaltskosten: Die gesetzliche Rechtsanwaltsvergütung für die Verteidigung gegen den Vorwurf der Fahrerflucht übernimmt der Rechtsschutzversicherer dann, wenn es zu keiner Verurteilung kommt. Also beispielsweise dann, denn das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wird.

Fazit:

🦉Mit etwas Geduld und der richtigen Strategie lassen sich der Vorwurf der Fahrerflucht oft effektiv entkräften. Hierzu gehört es, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen, um sich nicht unnötig zu belasten. Insbesondere dann, wenn man sich nichts vorzuwerfen hat. Bewahren Sie ruhe und kontaktieren Sie umgehend Ihren Anwalt, um den Vorwurf zu entkräften und so zu Ihrem Recht zu kommen. Sie sparen sich Zeit, Geld und Nerven.

Hier können Sie die Erfolgsaussichten der Verteidigung einschätzen lassen:

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Wir melden uns dann bei Ihnen zurück und teilen Ihnen mit, ob und wie wir Sie unterstützen können.

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Rechtsanwalt Gregor Samimi
Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht & Versicherungsrecht

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Dieser Artikel wurde herausgegeben von Gregor Samimi.

8 Kommentare zu „Fahrerflucht: „Ich habe nichts bemerkt“- Welche Strafe droht?“

  1. Mein Mann hat womöglich beim einsteigen in sein Auto einen Parkschaden (minimaler Kratzer) verursacht an einem Tesla 3 rot.
    Da we es nicht bemerkte und weg fuhr, bekamen wir Post von der Polizei wegen Fahrerflucht.
    Der Tesla verfügte über eine Rundumkamera .
    Und hat alles aufgezeichnet.
    Doch der Schaden kommt uns sehr hoch vor von über 3000€ wegen eines Kratzers den man kaum sieht.
    Und wegen so etwas soll mein Mann jetzt den Führerschein verlieren.
    Ich finde dies nicht im Verhältnis stehend.

  2. Oliver Maxara

    Habe Angst meinen Führerschein abgeben zu müssen nach dem ich einen 2 Millimeter Kratzer mit der Autotür verursacht haben soll obwohl ich nichts bemerkt habe.

    1. Vermutlich ist ein am Fahrzeug des Anspruchstellers ein Schaden von mehr als 1.300 Euro entstanden. Insoweit würde ich Ihnen raten, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu kontaktieren. Möglicherweise besteht die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage zugunsten einer gemeinnützigen Organisation. Viel Erfolg!

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