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Aktualisiert am 31.10.2019, 17:05. Beitrag von Gregor Samimi, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Versicherungsrecht.
Krankenversicherungsschutz – Berliner Fachanwalt für Versicherungsrecht hilft, wenn die private Krankenversicherung nicht zahlt
Private Krankenversicherung: Material- und Laborkosten beim Zahnersatz gekürzt?
Gekürzte Labor- und Materialkosten beim Zahnersatz führen bei der einen oder anderen Krankenversicherung offenkundig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Versicherern und privat Versicherten. Die Kürzungen machen beim Zahnersatz mitunter mehrere hundert Euro aus. Nicht alles Versicherten sind mit den Kürzungen einverstanden, weil sie sich den Versicherungsschutz durch Zahlung ihrer Prämien erkauft und sich bewusst für den privaten Krankenversicherungsschutz entschieden haben. Umso größer ist dann die Enttäuschung, wenn die eingereichten Zahnarztrechnungen nicht vollständig ausgeglichen werden. Betroffen hiervon sind zumeist ältere Verträge, in denen noch keine sogenannte Sachkostenlisten vereinbart worden ist. Hier erfahren Sie, wie sich das Problem für die Betroffenen darstellt und wie ihnen geholfen werden kann.
Was tun wenn beim Zahnersatz die Material- und Laborkosten durch die private Krankenversicherung gekürzt worden sind?
Mitunter vertreten private Krankenversicherer eine Rechtsauffassung mit der sich der eine oder andere Versicherte nicht einverstanden erklären möchte und kürzt die Rechnung oder zahlt gar nicht. Nicht selten schlagen die Kürzungen bei der Versorgung eines Zahnes mit 500 Euro und mehr zu Buche. Müssen im Laufe der Zeit weitere Zähne versorgt werden, summieren sich die Kürzungen schnell auf mehrere tausend Euro. Insoweit hat der Versicherte ein berechtigtes Interesse zu erfahren woran er ist und ob er sich die Kürzungen gefallen lassen muss. Der Streit entfacht sich an dem Begriff der notwendigen Heil- und Behandlungskosten, der sich in den Versicherungsbedingungen wiederfindet. Dieser Begriff ist nicht näher umschrieben und daher einer Auslegung zugänglich. Der Standpunkt der betroffenen Krankenversicherer ist nicht unproblematisch, weil Unklarheiten in den Versicherungsbedingungen regelmäßig zu Lasten des Verwenders ausgelegt werden müssen. Hier also zum Nachteil des Versicherers. Auch die Ortsüblichkeit der Kosten steht oft im Streit.
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Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht & Versicherungsrecht
Aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes
Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15 – über die Erstattungsfähigkeit der Heilbehandlungskosten im Rahmen einer Augen-Lasik-Operation zu entscheiden. Der dortige Fall lässt sich durchaus mit der gegenständlich streitbefangenen Fragestellung vergleichen. Dabei stellt der BGH unter Randnummer 26 wie folgt klar:
„Übernimmt der Versicherer – wie hier der Beklagte – die Kosten einer „medizinisch notwendigen“ Heilbehandlung ohne für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Einschränkungen, so kann er ihn schon nicht auf einen billigeren oder den billigsten Anbieter einer Heilbehandlung verweisen, die er für medizinisch gleichwertig hält (Senatsurteil vom 12. März 2003 – IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154 unter II 2 b bb).“
Mit anderen Worten dürfte es möglicherweise der privaten Krankenversicherung auch bei den Material – und Laborkosten verwehrt sein, sich „auf einen billigeren oder den billigsten Anbieter einer Heilbehandlung“ zu berufen, den sie für medizinisch gleichwertig hält oder gleich auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung zurückzugreifen. Weitere Zitate aus der Rechtsprechung finden sich nachfolgend im Entwurf der Klage. Ob der Klage Erfolg beschieden sein wird ist eine Frage des Einzellfalls und kann oft nicht sicher vorhergesagt werden, auch weil die Rechtsprechung nicht einheitlich ist und sich auch ändern kann.
Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung
Private Krankenversicherung zahlt nicht immer das was man sich erhofft hat
Ob es zielführend ist, den Beschwerde beim Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung zu führen, ist eine Frage des Einzelfalls. In dem gegenständlich behandelten Fallbeispiel nahm der Mandant den Schlichtungsvorschlag nicht an, weil er der Vorschlag faktisch dem Angebot des Versicherers entsprach. Gleichwohl sollte vielleicht nichts unversucht bleiben Rechtsstreitigkeiten gütlich beizulegen. Sollte dies trotz allen Bemühens nicht möglich sein, wäre zu prüfen, ob Klage erhoben werden sollte.
Urteil des Amtsgerichts Mitte von Berlin
Das Amtsgericht Mitte von Berlin hat in seinem am 24.10.2019 verkündeten Urteil (25 C 27/18) einen Anspruch des Versicherten in dem konkreten Fall bejaht und wie folgt ausgeführt:
Gemäß § 9 GOZ können die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen, angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnet werden. Die Angemessenheit ist nach den Umständen des Einzelfalls und den Individuellen Bedürfnissen und Wünschen des Patienten zu beurteilen. Maßgeblich Ist das Verhältnis der Kosten zur Qualität der handwerklichen zahntechnischen Leistung. Das BEL, gilt als Höchstpreisliste im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung und ist vor dem Hintergrund der Gesetzlichen Krankenversicherung zu sehen. Für die privatzahnärztliche Versorgung kann es daher nicht unmittelbar herangezogen werden (vgl. OLG Celle BeckRS 2000, 30089526; OLG Hamm NJOZ 2007, 1375; Spickhoff, Medizinrecht, 3. Auflage 2018, § 9 GOZ Rn. 5 ff.). In der privaten Krankenversicherung sind andere Kosten angemessen, als in der gesetzlichen Krankenversicherung, da die jeweiligen Beiträge und Leistungen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten errechnet und erbracht werden (LG Köln, Urteil vom 09.08.2006, Az.: 23 S 51/05, jurls Rn. 3). Vor diesem Hintergrund der unterschiedlichen Beitragsberechnung vermag auch das Argument, 90 % der In Deutschland Versicherten seien gesetzlich krankenversichert, nicht zu überzeugen. Es bestehen abgrenzbare Marktsegmente für die Im Bereich der Privat bzw. der Kassenpatienten erbrachten Leistungen, für die sich jeweils eigene angemessene Prei se entwickelt haben (so auch LG München I, NJOZ 2006, 4451 (4453)). Dabei darf der Privatversicherte eine höhere Qualität der Leistungen, die gegebenenfalls mit einem höheren Preis einhergeht, erwarten (OLG Köln, VersR 99, 302). Dass die Beklagte pauschal 10 % auf die nach dem
BEL angemessenen Preise aufschlägt, bedeutet nicht, dass hierdurch die jeweils für Privatpatienten erbrachten Leistungen vollständig abgedeckt sind und das Darüber hinausgehende als unangemessen hoch zu bewerten wäre. Die Angemessenheit ist nach den Umständen des Einzelfalles und eben nicht pauschal – wenn auch mit einem gewissen Aufschlag – nach dem BEL zu er
mitteln.
Diese Ausführungen stehen auch nicht im Widerspruch zu der von der Beklagten zitierten Entscheidung des LG Berlin, Urteil vom 04. Juni 2002 – 7 8 64/01. Das LG Berlin führt aus, dass die Abrechnung einer zahnärztlichen Leistung im entschiedenen Fall nach dem BEL zu erfolgen habe. Als Grundlage der Ermittlung der Üblichkeit sei auf den Kreis aller Versicherten, also auch der gesetzlich Versicherten, abzustellen. Denn unter einer üblichen Vergütung sei die gewöhnlich gewährte Vergütung, die für gleiche oder ähnliche Dienstleistungen am betreffenden Ort geleistet wird, zu verstehen (BGH NJW-RR 1990, 349 (350)). Es sei kein sachlicher Grund für eine Differenzierung des Entgelts nach dem Versichertenstatus ersichtlich (LG Berlin, Urteii vom 04. Juni
2002 – 7 8 64/01 – juris Rn. 29 f.). Weitergehend führt das LG Berlin (a.a.O.) allerdings aus, dass eine preisliche Differenzierung möglich sei, wenn die Heilbehandlung dieses Versichertenkreises weit umfangreicher ausfalle, al so kein identischer Leistungsumfang bei privat und gesetzlich Versicherten vorläge. Als umfangreichere Behandlung käme z. B. eine aufwendigere Behandlungsmaßnahme hinsichtlich der angewandten Mittel oder in zeitlicher Hinsicht in Betracht. So liegt der Fall hier. Die vom Zahnarzt des Klägers erbrachten Leistungen sind gerade nicht identisch mit denen, die ein gesetzlich versicherter Patient erhält, sodass eine preisliche Differenzierung jedenfalls vorliegend erfolgen durfte. Der Zahnarzt des Klägers führt zu der von ihm erbrachten Leistung aus: „Bei der BEL handelt es sich um ein Bundeseinheitliches Leistungsverzeichnis, welches alle zahntechnischen Leistungen enthält, die im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung bei gesetzlich versicherten Patienten bei der Regelversorgung erbracht und berechnet werden können. Als Regelversorgung bezeichnet man den Zahnersatz, der entsprechend des jeweiligen Gebisszustandes gemäß § 12 BGB V Wirtschaftlichkeitsgebot zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich ist: (…) Bei Ihrem Mandanten wurden regio 36 und 48 implantatgetragene Vollkeramikkronen auf individuell gefrästen Keramikabutments eingegliedert. Diese Kronen wurden durch eine aufwendige Maltechnik den Restzähnen angepasst. Alleine aus der Beschreibung der Versorgung geht hervor, dass es sich hierbei nicht um eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung handelt.“ […]
Die Entscheidung ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht rechtskräftig.
Kommt die Rechtsschutzversicherung für die Kosten des Rechtsstreits auf?
Eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung übernimmt die vereinbarten Kosten, Gebühren und Auslagen der Rechtsverfolgung.
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Klage (Entwurf und nur zur Veranschaulichung)
Klage
des Angestellten
Herrn […], […], […],
Klägers,
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Gregor Samimi, Hortensienstraße 12 A, 12203 Berlin, Aktenzeichen […],
gegen die
[…] AG, […], […],
vertreten durch den Vorstand: […], ebenda,
Schadennummer: […],
Beklagte,
wegen Leistungskürzung aus der Krankheitskostenvollversicherung.
Gegenstandswert: 982,32 €.
Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage. Im Termin zur mündlichen Verhandlung werde ich beantragen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 982,32 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19.05.2017 zu zahlen.
- Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Forderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 361,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank, aus der Vergütungsrechnung vom 08.12.2017, seit Rechtshängigkeit freizustellen.
- Für den Fall der Säumnis oder des Anerkenntnisses, Versäumnis- oder Anerkenntnisurteil ohne mündliche Verhandlung zu erlassen;
- von einer zugunsten des Klägers ergehenden Entscheidung eine vollstreckbare Ausfertigung nebst Zustellungsnachweis zu Händen des Klägervertreters zu erteilen.
- Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt sich der Kläger einverstanden.
Begründung:
Die Parteien streiten gegenständlich um die Höhe des zu erstattenden Auslagenerstattungsanspruchs, betreffend die Material- und Laborkosten, aus einer zahnärztlichen Vergütungsrechnung.
Das angerufene Gericht ist gemäß § 215 Absatz 1 VVG örtlich zuständig.
I.
Für den Kläger besteht bei der Beklagten eine Krankheitskostenvollversicherung. Diese sieht die Erstattung ambulanter Heilbehandlungs-, stationärer Heilbehandlungs- sowie zahnärztlicher Behandlungs-, Zahnersatz- und Kieferorthopädiekosten vor. Zusätzlich besteht ein Krankentagegeldtarif. Inhalt des Versicherungsvertrags sind die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, Teil I: Musterbedingungen des Verbands der Privaten Krankenversicherungen (MB/KK) und Teil II: Tarifbedingungen der […]-Krankenversicherung AG sowie die dazugehörigen Tarifblätter (jeweils Stand 1/2002).
Gegenständlich kam der Versicherungsvertrag zum 15.07.2002 zu Stande. Der Vertragsverlauf ist bisher unauffällig. Die Beiträge wurden regelmäßig entrichtet. Im Rahmen des bestehenden Zahntarifes Z100 erstattet die Beklagte bedingungsgemäß die Aufwendungen für medizinisch notwendige Zahnbehandlungen zu 100% und die Kosten für medizinisch notwendigen Zahnersatz, einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Vor- und Nachbehandlungen), Inlays und Kieferorthopädie zu 80%.
Beweis:
- Versicherungsschein […] vom […] in Ablichtung anbei
- Oben genanntes Bedingungswerk in Ablichtung anbei
II.
Durch seinen Zahnarzt Herrn Dr. […] ließ der Kläger im Jahr 2017 zwei Zähne versorgen. Der Kläger erhielt durch seinen Zahnarzt in regio Z 36 und 48 jeweils ein Implantat und eine Krone. Im Vorfeld der Behandlung reichte der Kläger der Beklagten zunächst einen Kostenvoranschlag ein und sodann die Endrechnung vom 07.04.2017 seines Zahnarztes Herrn Dr. […], Kurfürstendamm […], 10719 Berlin, mit der Bitte um vollständige Erstattung ein. In dieser Rechnung waren die Kosten des Eigenlabors in Höhe von 2.035,43 € (1.947,94 € + 87,49 €) enthalten.
Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 15.11.2016 bereit, 80% des Zahnarzthonorars von 3.011,01 € und 80% der Material- und Laborkosten von 2.128,21 €, insgesamt also 4.111,36 € zu übernehmen. Nicht übernommen wurden insgesamt 982,31 € aus den in Rechnung gestellten Material- und Laborkosten. Diesen Betrag macht der Kläger mit dem Klageantrag zu 1. geltend.
Der Kläger glich die ihm in Rechnung gestellte Rechnungssumme durch Überweisung auf das Konto seines Zahnarztes in Höhe von 2.989,31 € vollständig aus (inklusive der nicht erstatteten 982,31 €).
Beweis:
- Vorlage des Kontoauszuges vom 24.04.2017 in Ablichtung anbei
- Zeugnis des Dr. […], Kurfürstendamm […], 10719 Berlin
III.
Die Beklagte ist der Meinung, dass die abgerechneten Material- und Laborkosten, aus der Sicht der Beklagten, das angemessene Maß übersteigen. Dies wird bereits jetzt und an dieser Stelle ausdrücklich bestritten.
Beweis:
- Kostenzusage der Beklagten vom 15.11.2016 in Ablichtung anbei
- Leistungsabrechnung vom 25.04.2017 in Ablichtung anbei
Zur Begründung führt die Beklagte mit Schreiben vom 14.06.2017 im Einzelnen u.a. wie folgt aus:
„Während bei privat Versicherten die Berechnung des zahnärztlichen Honorars in der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) geregelt ist, gibt es für die zahntechnischen Leistungen kein entsprechendes amtliches Verzeichnis.
Ein Zahnarzt kann nach § 9 Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) nur tatsächlich entstandene und angemessene Material- und Laborkosten abrechnen.
Hierfür können nur übliche Preise im Vergleich herangezogen werden. Da die überwiegende Zahl der Bevölkerung (90 %) gesetzlich krankenversichert ist, findet deshalb aus der Sicht der Beklagten das Verzeichnis der Material- und Laborkosten der kassen-/vertragszahnärztlichen Versorgung (BEL-Preise) bei der Preisfindung Anwendung.
Aus diesem Grund hat die Beklagte auf Basis des BEL (Bundeseinheitliches Leistungsverzeichnis) das Preis- und Leistungsverzeichnis für zahntechnischen Leistungen (PLV) zusammengestellt. Dieses Verzeichnis ist kein Vertragsbestandteil, es dient jedoch als Orientierungshilfe für unsere Kunden und ihre Zahnärzte für die unseres Erachtens angemessenen Material- und Laborkosten.
Positionen, die nicht im BEL geregelt sind, wie z.B. Inlays, Implantate und keramische Kronen wurden ebenfalls zu marktüblichen Preisen aufgenommen.
Zudem berücksichtigen wir auch Kosten, die über die Orientierungshilfe hinausgehen, wenn die medizinische Notwendigkeit hierfür im Einzelfall begründet wird. Eine medizinische Begründung für eine höherwertige Versorgung lag uns nicht vor.“ […]
Der Kläger erklärte sich mit der von der Beklagten vorgenommenen Kürzung nicht einverstanden und widersprach dieser zuletzt mit Schreiben vom 11.5.2017.
Beweis: Schreiben des Klägers vom 11.5.2017 in Ablichtung anbei
Schließlich erklärte sich die Beklagte vergleichsweise bereit, die Kosten doch noch voll auszugleichen, soweit sich der Kläger als Patient seine Ansprüche gegen den behandelnden Arzt an die Beklagte abtritt.
Hierzu erklärte sich der Kläger nicht bereit, weil er hierzu keine Veranlassung sah, mit seinem Zahnarzt und dessen Leistungen sehr zufrieden ist und das Vertrauensverhältnis zu seinem Zahnarzt nicht beschädigen möchte.
Hinzu kommt, dass die Beklagte tatsächlich auch rechtlich verpflichtet ist, dem Kläger die von ihm an seinen Zahnarzt bezahlten Positionen voll erstattet zu bekommen, weil diese dem Grunde nach gerechtfertigt und auch der Höhe nach billig und angemessen sowie ortsüblich sind. Die einzelnen Positionen der notwendigen und ortsüblichen Zahnversorgung schlüsseln sich im Einzelnen wie folgt auf: [Rechnung einfügen]
Beweis:
- Rechnung der […] vom 07.04.2017 in Ablichtung anbei
- Gutachten der Ärztekammer Berlin
- Sachverständigengutachten
- Zeugnis des Dr. […], Kurfürstendamm […], 10719 Berlin
- Beiziehung und Verwertung der Patientenakte des Klägers […]
- Anhörung des Klägers gem. § 141 ZPO
Die Notwendigkeit der erfolgten Behandlung wird bis dato von der Beklagten nicht bestritten. Vielmehr beanstandet sie die Höhe der erbrachten zahntechnischen Labor- und Materialkosten. Das von der Beklagten in Anspruch genommene System des gesetzlichen Krankenversicherungssystems ist gegenständlich aber nicht auf den vorliegenden Kostenerstattungsfall übertragbar, weil der Kläger sich die Erstattung der gegenständlichen Kosten durch Zahlung seiner vergleichsweise hohen Prämien erkauft hat und sich ein diesbezüglicher Risikoausschluss auch nicht in dem vereinbarten Bedingungswerk wiederfindet. Eine Sachkostenliste ist zwischen den Parteien vertraglich gerade nicht vereinbart.
Insoweit ist das von der Beklagten in Anspruch genommene Bundeseinheitliche Verzeichnis der abrechnungsfähigen zahnärztlichen Leistungen (BEL) das für gesetzlich versicherte Patienten gilt für privat versicherte Patienten nicht einschlägig. Eine Überleitung auf das Verzeichnis verbietet sich. Denn dieses Verzeichnis regelt in seinem Leistungsumfang eben nur die Mindestversorgung auf der Grundlage einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen zahnärztlichen Versorgung. Mit anderen Worten ein Weniger als der Kläger durch Abschluss des Vertrages und Zahlung der Prämien erkauft hat. Denn die Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung sind vergleichsweise gering. Familienangehörige können beitragsfrei mitversichert werden. Zudem bleibt das Eintrittsalter in der gesetzlichen Krankenversicherung unberücksichtigt. Dagegen werben private Krankenversicherer mit Versprechen, die weit über das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen. Hieran muss sich die Beklagte auch gegenständlich festhalten lassen.
Erst kürzlich hatte der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29.03.2017 – IV ZR 533/15 über die Erstattungsfähigkeit der Heilbehandlungskosten im Rahmen einer Augen-Lasik-Operation zu entscheiden. Der dortige Fall lässt sich durchaus mit der gegenständlich streitbefangenen Fragestellung vergleichen. Der BGH stellt in seiner Entscheidung unter Randnummer 26 wie folgt fest:
„Übernimmt der Versicherer – wie hier der Beklagte – die Kosten einer „medizinisch notwendigen“ Heilbehandlung ohne für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Einschränkungen, so kann er ihn schon nicht auf einen billigeren oder den billigsten Anbieter einer Heilbehandlung verweisen, die er für medizinisch gleichwertig hält (Senatsurteil vom 12. März 2003 – IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154 unter II 2 b bb).„
Auch das Landgericht Köln in seinem Urteil vom 09.08.2006 – 23 S 51/05 – stellt wie folgt klar:
„Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die streitgegenständliche Rechnung vom 30.6.2003 in Höhe der Material- und Laborkosten im Rahmen der tariflich vereinbarten Erstattungssätze grundsätzlich zu ersetzen. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist für diese Kosten nicht das sog. BEL II als Maßstab heranzuziehen. Die Erstattungsfähigkeit zahntechnischer Laborleistungen und Materialien ist nach den AVB in Verbindung mit dem Tarif ZM3 zu bejahen, soweit sie im Rahmen der in Deutschland üblichen Preise berechnet sind. Die Üblichkeit nach dem Tarif ZM3 richtet sich in erster Linie nach § 9 GOZ. Danach erstreckt sich der Ersatz auf die dem Zahnarzt tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen. Die Angemessenheit kann entgegen der Auffassung der Beklagten nicht anhand des BEL ermittelt werden. Dieses Leistungsverzeichnis ist nach § 88 SGB V für die gesetzliche Krankenversicherung geschaffen worden. Dementsprechend beruht es auf Gesichtspunkten, die mit den Maßstäben der Privatversicherung nicht einschränkungslos vereinbar sind. In der amtlichen Begründung zu § 9 GOZ wird zwar ausgeführt, dass davon auszugehen sei, dass auch bei Privatpatienten die in der gesetzlichen Krankenversicherung für gewerbliche Labors und Praxislabors unterschiedlich vereinbarte Höchstpreise für zahntechnische Leistungen nicht überschritten werden dürften, da dies nicht angemessen wäre. Doch entfaltet diese vereinzelte Auffassung keine Bindungswirkung. Sie hat zudem im Text des § 9 GOZ keinen Niederschlag gefunden. Ebenso wenig findet sie in den vereinbarten Tarifbedingungen einen Ansatz. Dort ist von den in Deutschland üblichen Preisen die Rede. Daraus kann ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer einer Privatversicherung nicht ohne weiteres ableiten, dass lediglich das bei gesetzlichen Krankenversicherungen geltende Qualitätsniveau von Laborleistungen im Sinne des BEL gelten soll. Dies gilt umso mehr, als Privatversicherungen, wie auch die Beklagte, in der Öffentlichkeit damit werben, dass sie eine bessere Versorgung als die der gesetzlichen Krankenversicherung ermöglichen wollen. Die Auffassung, dass sich die Üblichkeit an den Maßstäben des BEL ausrichten müsse, ist schließlich auch nicht sachgerecht. Sie verkennt die Unterschiede zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Die Beiträge und Leistungen werden in der gesetzlichen und in der privaten Krankenversicherung nach jeweils unterschiedlichen Gesichtspunkten errechnet und erbracht. Das BEL gilt zudem bundeseinheitlich, so dass örtliche Abweichungen aufgrund kalkulatorischer Besonderheiten der Zahnlabors nicht berücksichtigt werden können. Das Argument, 90´% aller zahntechnischen Leistungen würden im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und nach diesem Leistungsverzeichnis abgerechnet, verkennt, dass die Üblichkeit auf die jeweilige Leistung und Qualität des Produkts bezogen ist, und dass der Privatversicherte eine höhere Qualität der Leistung erwarten darf (OLG Köln VersR 99, 302).“
Das Oberlandesgericht Celle stellt in seinem Urteil vom 10.01.2000 – 1 U 100/98 – fest:
Das Landgericht ist mit zutreffenden Erwägungen, denen sich der Senat anschließt, davon ausgegangen, dass für die hier umstrittene Abrechnung – und zwar unabhängig davon, ob Werk- oder Dienstvertragsrecht anzuwenden ist – § 9 GOZ zugrunde zu legen ist. Danach sind Auslagen für zahntechnische Leistungen in der tatsächlich entstandenen angemessenen Höhe zu berechnen. Die hier umstrittenen Rechnungspositionen sind im Sinne der genannten Vorschrift angemessen, auch wenn sie die Ansätze der sog. BEL-Liste und der sog. BEB Liste übersteigen. Die BEL-Liste, die als Höchstpreisliste im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung entwickelt worden ist, kann für eine privatärztliche Versorgung wie hier ohnehin nicht herangezogen werden. Sie ist unter sozialversicherungsrechtlichen und politischen Gesichtspunkten entwickelt worden und soll lediglich eine nach wissenschaftlichem Stand ausreichende und zweckmäßige Versorgung unter Berücksichtigung der notwendigen Wirtschaftlichkeit sicherstellen. Eine darüber hinausgehende weit überdurchschnittliche zahntechnische Leistung, die hier vorliegt und so auch gewünscht war, kann durch die in der BEL genannten Höchstpreise abrechnungsmäßig nicht begrenzt sein.“
Zudem sieht § 6 Absatz 6 MB/KK ein Abtretungsverbot vor. Auch insoweit kann es die Beklagte nicht von dem Kläger verlangen, sein Ansprüche als Patient gegenüber seinem Zahnarzt an die Beklagte abzutreten. Insoweit könnte er nämliche auch etwaige Gewährleistungsansprüche gegenüber seinem Zahnarzt verlieren; auch das ist dem Kläger nicht zumutbar.
IV.
Aufgrund der Leistungsverweigerung beauftragte der Kläger sodann seinen jetzigen Klägervertreter mit der Durchsetzung seiner Ansprüche gegenüber der Beklagten.
Dieser forderte die Beklagte mit Schriftsatz vom 29.5.2017 auf, in die vollständige Regulierung des Schadens einzutreten. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 4.6.2017 weiter. Im Wesentlichen wiederholte sie ihre Rechtsauffassung.
Beweis:
- Schreiben des Klägervertreters vom 29.5.2017 in Ablichtung anbei
- Schreiben der Beklagten vom 14.6.2017 in Ablichtung anbei
Schließlich wandte sich der Kläger über seinen jetzigen Klägervertreter an die Schlichtungsstelle „Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung“, die dem Kläger ein Schlichtungsangebot unterbreitete, das nicht über das hinausging was die Beklagten dem Kläger bereits angeboten hatte. Dieses Schlichtungsangebot nahm der Kläger nicht an. Der Einigungsversuch scheiterte damit.
Beweis: Schlichtungsangebot vom 10.11.2017 in Ablichtung anbei
Insoweit ist der Kläger der Auffassung, dass ein begründeter, weitergehender Zahlungsanspruch besteht und die Beklagte, dem Klageantrag zu 1. entsprechend, zu verurteilen ist.
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Beklagte befindet sich seit dem 19.5.2017 aufgrund ihrer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung in Verzug nachdem die Beklagte ihre Einstandspflicht zuletzt mit ihrem Schreiben vom 18.05.2017 ernsthaft und endgültig abgelehnt hat und darin erklärte, weitere Zahlungen nur gegen Abtretung der Ansprüche erbringen zu wollen.
Beweis: Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 in Ablichtung anbei
Die Höhe des Verzugszinssatzes ergibt sich aus §§ 288 BGB.
V.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte zudem nach §§ 259 BGB ein Anspruch auf Freistellung vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. insgesamt 361,76 €.
Wie oben ausgeführt, hat der Kläger den jetzigen Prozessbevollmächtigten mit seiner außergerichtlichen anwaltlichen Beratung und Vertretung in der Sache erst beauftragt, nachdem die Beklagte ihre Einstandspflicht zuletzt mit ihrem Schreiben vom 18.05.2017 ernsthaft und endgültig abgelehnt hat und darin erklärte, weitere Zahlungen nur gegen Abtretung der Ansprüche erbringen zu wollen.
Beweis: Schreiben der Beklagten vom 18.05.2017 in Ablichtung anbei
Des Weiteren beauftragte der Kläger den jetzigen Klägervertreter gegenüber dem Versicherungsombudsmann Beschwerde beim Versicherungsombudsmann über das Regulierungsverhalten der Beklagten zu erheben. Dies geschah mit Schreiben vom 19.06.2017. Die Beschwerde des Klägers führte zwischen den Parteien nicht zu der gewünschten Einigung. Der Schlichtungsvorschlag der Schlichtungsstelle vom 10.11.2017 schloss sich im Wesentlichen der Auffassung der Beklagten an und wurde von dem Kläger schließlich abgelehnt.
Beweis: Beschwerdeschreiben vom 19.6.2017 in Ablichtung anbei
Schreiben des Ombudsmann vom 10.11.2017 in Ablichtung anbei
Hierdurch sind auf der Grundlage eines Gegenstandswertes von 953,69 € unter Berücksichtigung einer 1,8 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG und einer 1,5 Gebühr nach Nr. 2303 VV RVG, zweier Pauschalen für Post und Telekommunikationsdienstleistungen sowie der nicht Vorsteuerabzugsberechtigung des Klägers vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 361,76 € entstanden. Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 257 BGB insoweit einen Anspruch auf Freistellung von der entsprechenden Verbindlichkeit.
Im Einzelnen schlüsseln sich die Rechtsanwaltsgebühren für die vorgerichtliche Vertretung des Klägers wie folgt auf:
2300 VV RVG – Geschäftsgebühr, §§ 2, 13 RVG | 982,32 € | 1.8 | 144,00 € |
2303 Geschäftsgebühr für Güteverfahren u.ä. Angelegenheiten | 982,32 € | 1.5 | 120,00 € |
7002 VV RVG – Post- und Telekommunikationspauschale | 20,00 € | ||
7002 VV RVG – Post- und Telekommunikationspauschale | 20,00 € | ||
Nettobetrag | 304,00 € | ||
19,00 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG | 19 % | 57,76 € | |
Bruttobetrag | 361,76 € |
Die Gebühren wurden gegenüber dem Kläger mit Vergütungsrechnung vom 08.12.2017 abgerechnet und dem Kläger zugestellt sowie durch den Kläger ausgeglichen.
Beweis: Vergütungsvorschussrechnung vom 08.12.2017
Zeugnis des Rechtsanwalt Gregor Samimi, Hortensienstraße 12 A,12203 Berlin
Die in Ansatz gebrachten Gebühren sind auch der Höhe nach billig und angemessen. Sie berücksichtigen die Tatsache, dass es sich um eine anspruchsvolle versicherungsrechtliche Spezialmaterie handelt, die ausgewiesene fachanwaltliche Kenntnisse aus dem gegenständlichen Rechtsgebiet erfordert. Der Arbeitsumfang ist ebenfalls als überdurchschnittlich zu bewerten. Die Bedeutung der Angelegenheit ist für den Kläger überdurchschnittlich hoch, weil er auch zukünftig befürchten muss, sich mit ungerechtfertigten Leistungskürzungen der Beklagten rechtlich auseinandersetzen zu müssen. Weitere Sachvortrag bleibt vorbehalten.
Beweis:
- Gutachten der Rechtsanwaltskammer Berlin
- Zeugnis des Rechtsanwalts Gregor Samimi, Hortensienstraße 12 A, 12203 Berlin
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gez.
Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Versicherungsrecht
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