„Anwaltskultur: die Sehnsucht nach der guten alten Zeit“ – unter diesem Titel lud die ROLAND Rechtsschutz-Versicherungs-AG am 18. November 2016 erstmalig zu einem rechtspolitischen Diskurs. Es war der Start für ein ganz neues Forum. Dieses soll sich als eine Art „Thinktank“ um zukunftsgerichtete Themen drehen und die Zusammenarbeit zwischen Anwaltschaft und Rechtsschutz-Versicherer stärken.
Der Einladung zu dieser (Selbst-)reflektion folgten hochkarätige Teilnehmer. Sie erfuhren von einem prominenten Referenten-Team viel Wissenswertes über das Spannungsfeld zwischen Nostalgie, wirtschaftlichen Entwicklungen und digitaler Herausforderung. Dabei bestand die seltene Gelegenheit, die aufgestellten Thesen direkt mit den Referenten zu diskutieren und Erfahrungen aus der Praxis zu tauschen. Ehrengast war der ehemalige bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein. Dass Kunst von Können abgeleitet ist, stellte Philipp Heinisch unter Beweis, der in humorvollen Karikaturen die Herausforderungen des Themas verdeutlichte.
Der Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf und Vizepräsident des Deutschen Anwaltvereins Herbert Schons schlug zunächst einen Bogen von seinen Anfängen als Rechtsanwalt in den 70er Jahren in die heutige Zeit. Seinerzeit seien die Rechtsschutz-Versicherer als reine Kostenerstatter angesehen worden. Mittlerweile würden sie dagegen eigene Dienstleistungsangebote für ihre Kunden anbieten. Der Wandel sei der veränderten Marktsituation geschuldet. Für die Zukunft sieht Herbert Schons die Herausforderung für die Anwaltschaft, sich dem Wandel der Kundenbedürfnisse im Zeitalter der Digitalisierung zu stellen.
Gregor Samimi, Herausgeber mehrerer Fachbücher und Fachanwalt für Strafrecht, Verkehrsrecht und Versicherungsrecht, stellte zunächst in seinem lehr- und faktenreichen Vortrag die wirtschaftliche Entwicklung dar. Während auf der einen Seite immer mehr Anwälte auf den Arbeitsmarkt drängten, hätte sich die Einkommensentwicklung der Bevölkerung deutlich verschlechtert. Dieses Spannungsfeld führe in Teilen der Anwaltschaft zu Qualitätsverlust und Werteverfall. Zur Illustration verwies er auf die kritische Darstellung von Joachim Wagner in dessen Buch „Vorsicht Rechtsanwalt – ein Berufsstand zwischen Mammon und Moral“.
Es folgte ein Vortrag von Christian Solmecke, einem Anwaltskollegen, der sich bestens im Netz und den Sozialen Medien auskennt. Dieser stellte die Chancen der neuen Medien und der sozialen Netzwerke für die Anwaltschaft anhand seiner eigenen umfassenden medialen Tätigkeit in den Mittelpunkt: Während am Anfang einige Blogeinträge standen, vertritt er mittlerweile tausende Filesharer, die von der Musikindustrie abgemahnt worden sind. Er spornte dazu an, sich der neuen Medien zu bedienen. Seine Kollegen sollten keine Angst davor haben, hier einfach anzufangen und sich auch ruhig öffentlich der Bewertung und auch der Kritik der eigenen Kundschaft zu stellen.
Anschließend diskutierten die Referenten und Teilnehmer kritisch das Thema „Kundenakquise im Internet für die Darlehenswiderrufsfälle“. Sie sprachen unter anderem über die Folgen der Kostenoptimierung durch Teile der Anwaltschaft. Dr. Ulrich Eberhardt, Vorstandsmitglied von ROLAND Rechtsschutz, wies auf die Gefahr hin, dass dies zur Unbezahlbarkeit und dem zukünftigen Ausschluss solcher Risiken führe. Herbert Schons machte deutlich, dass die Anwaltschaft eine gesellschaftspolitische Verantwortung trage. Veranstalter, Referenten und Teilnehmer waren sich einig: Es war eine gelungene und kurzweilige Veranstaltung, die mit einem ansprechenden Rahmenprogramm ausklang. Fortsetzung folgt.