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Kostenfestsetzungsantrag im Strafverfahren nach Freispruch – Muster und Tipps

Wird ein Mandant in einem Strafverfahren freigesprochen, steht ihm regelmäßig die Erstattung seiner notwendigen Auslagen zu – insbesondere der Wahlverteidigervergütung. Dieser Anspruch besteht nicht nur bei rechtskräftigem Freispruch nach erstinstanzlicher Entscheidung, sondern auch dann, wenn die Staatsanwaltschaft zunächst Berufung einlegt und diese im Berufungsverfahren wieder zurücknimmt.

Nach § 467 Abs. 1 StPO in Verbindung mit § 473 Abs. 1 StPO sind in solchen Fällen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des freigesprochenen Angeklagten der Staatskasse aufzuerlegen.

In meinem heutigen Blogbeitrag stelle ich ein praxisbewährtes Muster für einen Kostenfestsetzungsantrag vor, das nach einem rechtskräftigen Freispruch verwendet werden kann. Es enthält insbesondere:

  • einen vollständigen Antragstext mit allen Antragspositionen (inkl. Zinsantrag und Auszahlungsanordnung),
  • eine ausführliche Begründung für die Überschreitung der Mittelgebühr nach § 14 RVG um 19 %,
  • und einen Hinweis auf die zulässige, nicht nachprüfbare Ermessensspanne nach aktueller Rechtsprechung.

Das Muster richtet sich sowohl an Kolleginnen und Kollegen im Strafrecht als auch an Mandantinnen und Mandanten, die sich über ihre Rechte im Kostenfestsetzungsverfahren nach Freispruch informieren möchten.

Muster Kostenfestsetzungsantrag im Strafverfahren nach Freispruch

Kostenfestsetzungsantrag gemäß §§ 464a ff. StPO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO

in dem vorbezeichneten Strafverfahren beantrage ich, namens und in Vollmacht des ehemaligen Angeklagten,

  1. die der Staatskasse zur Last fallenden notwendigen Auslagen des freigesprochenen ehemaligen Angeklagten in Form der Wahlverteidigervergütung auf Grundlage der nachfolgenden Abrechnung gegen die Staatskasse festzusetzen,
  2. den festzusetzenden Betrag gemäß §§ 104 Abs. 1 Satz 2, 106 ZPO analog i.V.m. § 464b StPO zu verzinsen,
  3. den festgesetzten Gesamtbetrag auf das im Briefkopf dieses Antrages bezeichnete Konto des Unterzeichners zu überweisen.
  4. Eine durch den ehemaligen Angeklagten im Original unterzeichnete Vollmacht für das Kostenfestsetzungsverfahren mitsamt Geldempfangsvollmacht füge ich in diesem Antrag bei.

Gebührenberechnung:

4100 Grundgebühr des Verteidigers  261,00 €
4106 Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht  215,00 €
4108 Hauptverhandlungstag im ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht am 20.05.2022, 11:15-12:00 Uhr  359,00 €
7002 Post- und Telekommunikationspauschale704,00 € 20,00 €
7002 Post- und Telekommunikationspauschale704,00 € 20,00 €
4124 Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren  418,00 €
4126 Terminsgebühr je Hauptverhandlungstag im Berufungsverfahren (Rücknahme unmittelbar vor der Hauptverhandlung)  150,00 €
7000 Versand elektronischer Dateien für die Unterrichtung des Rechtsschutzversicherers2,50 €25,00 €
7000 Versand elektronischer Dateien2,50 €25,00 €
7000 Versand elektronischer Dateien2,50 €25,00 €
Nettobetrag  1.458,00 €
19,00 % Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 19 %277,02 €
Bruttobetrag  1.735,02 €

Begründung:

Der ehemalige Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 20.05.2022 freigesprochen. Dieses Urteil ist durch Rücknahme der Berufung seitens der Staatsanwaltschaft Berlin am 12.05.2025, unmittelbar vor Aufruf zur Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin, rechtskräftig geworden.

Mit Beschluss des Landgerichts Berlin wurde die Staatskasse verpflichtet, auch die notwendigen Auslagen des ehemaligen Angeklagten für das Berufungsverfahren gemäß § 473 Abs. 1 StPO zu tragen.

Die geltend gemachten Gebühren wurden gemäß § 14 Abs. 1 RVG innerhalb des dem Wahlverteidiger zustehenden Ermessens unter Berücksichtigung von Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung der Sache angemessen bestimmt. Dabei wurde ein Zuschlag in Höhe von 19 % oberhalb der jeweiligen Mittelgebühr vorgenommen.

Diese Erhöhung hält sich im Rahmen der nach ständiger Rechtsprechung zulässigen, nicht nachprüfbaren Ermessensspanne, innerhalb derer die Gebührenerhebung durch das Gericht nicht auf ihre Angemessenheit, sondern nur auf Ermessensfehler überprüft werden kann. Nach herrschender Meinung liegt diese Spanne bis ca. 20 % oberhalb der Mittelgebühr, innerhalb derer die vom Verteidiger getroffene Festsetzung nicht zu beanstanden ist (BVerwG 62, 196; OLG München JurBüro 1991, 1485; OLG Köln JurBüro 1994, 31; BSG Rbeistand 94, 31). Kleinliche Abstiche von der in Ansatz gebrachten Gebühr sind in jedem Fall unangebracht (OLG München, AnwBl. 1980, 469).

Die Überschreitung der Mittelgebühr ist zudem sachlich gerechtfertigt:

  1. Der Vorgang wurde im Rahmen des Eingangsgespräches mit dem ehemaligen Angeklagten eingehend erörtert. Diese Besprechung dauerte rund 60 Minuten. Es wurde schließlich Akteneinsicht beantragt. Die aus rund 200 Seiten bestehende Akte wurde dem ehemaligen Angeklagten elektronisch zur Verfügung gestellt und der Akteninhalt gemeinsam gesichtet und ausgewertet.
  2. Das Verfahren erstreckte sich über zwei Instanzen (AG Tiergarten und LG Berlin), das sich
  3. sowohl rechtlich als auch tatsächlich als überdurchschnittlich anspruchsvoll darstellte,
  4. die Verteidigung mehrfach umfangreiche schriftliche Ausführungen und Anträge fertigte und sich mit der Berufungsbegründungsschrift der Staatsanwaltschaft Berlin schriftlich auseinandergesetzt und die Verwerfung der Berufung beantragt hat.
  5. Der ehemalige selbständige Angeklagte hat ein überdurchschnittliches Einkommen als Berufsmusiker und Entertainer. Eine Verurteilung hätte berufsbezogene Konsequenzen von erheblicher Bedeutung durch Reputationsverlust in der öffentlichen Meinung nach sich gezogen.
  6. Schließlich ist bei der Bemessung der Gebührenhöhe der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Angeklagte freigesprochen worden ist (vgl. LG Saarbrücken, Beschluss vom 4.12.2008, Az 4 II 50/06 I, StraFo 2009, 174-175.
  7. Der Verteidiger verfügt zudem über eine Qualifikation als Fachanwalt für Strafrecht, welche sich in dem Erfolg des Freispruches niedergeschlagen hat (OLG Hamm, AGS 2002. 268).

Die geltend gemachte Vergütung ist daher notwendig im Sinne von § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Freundliche Grüße

Rechtsanwalt

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Autor/in des Artikels: Rechtsanwalt Gregor Samimi

Dieser Artikel wurde herausgegeben von Gregor Samimi.

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