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Carsharing – Share Now, Car2go, DriveNow, Flinkster und Co. – Was droht nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden?

Carsharing – Hilfe durch Gregor Samimi, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin. Aktualisiert am 05.12.2023, 18:00 Uhr, durch RA Gregor Samimi

Carsharing und Verkehrsunfall: Schadensersatz und Regress rechtsmäßig?

Mit der Zahl der Carsharingnutzer steigen auch die gemeldeten Schadensfälle an den Fahrzeugen. Denn Kratzer und Dellen an den Boliden sind keine Seltenheit und schlagen finanziell mächtig zu buche. Dabei stellt sich dem Nutzer immer wieder die Frage, wer für Schäden an dem gemieteten Fahrzeug aufzukommen hat. Die Antwort auf diese und andere Fragen findet sich – wie so häufig – im Kleingedruckten, im Gesetz oder wurde von Seiten der Gerichte entschieden. Oftmals besteht weiterhin die Pflicht, auch bei geringen Mängeln, die Polizei zu verständigen, die den Unfall protokolliert. Carsharing ist insbesondere unter Jugendlichen beliebt. Durch die mit dem Car-Sharing Unternehmen vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung wähnen sich die Jugendlichen, was insbesondere die möglichen Schäden am Mietwagen betrifft, oft auf der sicheren Seite. Dabei kann der Unfall nach dem Überfahren eines Stopp-Schildes (mitunter unter Drogen- oder Alkoholeinfluss) oder das Ausweichen vor einem Kleintier mit darauffolgendem Unfall, richtig teuer werden. Dabei stellen sich dem Nutzer in der Praxis eine Reihe von Fragen, denen hier nachgegangen werden soll

Unfallschaden mit einem DriveNow Fahrzeug am hinteren rechten Kotflügel.
Unfall mit einem Carsharingfahrzeug (DriveNow). Wer haftet nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden?

Carsharing und Regress – Ein Fall aus der anwaltlichen Praxis

Immer wieder werden Mieter von Carsharing-Fahrzeugen von den Car-Sharing-Unternehmen auf Zahlung des verursachten Schadens in Anspruch genommen. Oft meldet sich bei ihnen eine Anwaltskanzlei, die den Mieter auffordert, einen bestimmten Betrag nebst Anwaltsgebühren zu zahlen bzw. zur Abwendung des Mahnverfahrens, ein schriftliches Schuldanerkenntnis abzugeben. In einem konkreten und von uns bearbeiteten Fall, forderte eine Rechtsanwaltskanzlei aus Hamburg, namens und in Vollmacht des Unternehmens, die Mandantin Frau Maria G. (der Name der Mandantin wurde geändert-32/22) auf, an die Rechtsanwaltskanzlei insgesamt 10.015,39 Euro zuzüglich 885,80 Euro Rechtsanwaltsgebühren, zu zahlen. In dem Aufforderungsschreiben der Hamburger Rechtsanwälte heißt es unter anderem:

Sehr geehrte Frau G., in vorbezeichneter Unfallsache vom 22.10.2021 hat uns die Eigentümerin des beschädigten Fahrzeuges (amtliches Kennzeichen: HH-…), SHARE NOW GmbH, Brunnenstraße 19-21, 10119 Berlin, mit der Wahrnehmung ihrer Rechtsinteressen und Geltendmachung der ihr zustehenden Schadensersatzansprüche beauftragt. Auf uns lautende Vollmacht ist in Fotokopie beigefügt. Ausweislich der uns vorliegenden Informationen haben Sie es versäumt, den deutlich sichtbaren Schaden am Fahrzeug unserer Mandantin zeitgemäß vor Fahrtantritt zu melden. Wir verweisen auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unserer Mandantin, insbesondere auf §§9, 11. Demnach sind Sie somit allein für den entstandenen Schaden haftbar. Nachstehend beziffern wir den entstandenen Schaden vorläufig wie folgt:

Reparaturkosten gemäß anliegendem Gutachten9.465,39 €
Nutzungsausfall 7 Tage á 65,00 €455,00 €
Sachverständigenkosten65,00 €
Nebenkostenpauschale (OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 17.03.2012, 17 U 276/0904)30,00 €
Summe10.015,39 €
Rechtsanwaltsvergütung885,80 €

Als die Mandantin keine Zahlungen leistete, beantragte die Rechtsanwaltskanzlei einen Mahnbescheid. Gegen diesen legte die Mandantin fristgerecht Widerspruch ein. Das Verfahren wurde sodann an das Landgericht Berlin abgegeben. Gegenüber dem Landgericht Berlin begründete die Rechtsanwältin die Klage nunmehr wie folgt (verkürzte Darstellung):

[…] Gegenstand der Klage sind Schadensersatzansprüche aus einem Schadenereignis, welches sich am 22.10.2021 in der Zeit zwischen 12:21 Uhr und 12:38 Uhr in 12161 Berlin ereignete.
I.
Halterin des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen HH-… ist die Klägerin – ein Carsharing Unternehmen -, welche die Fahrzeuge vermietet.
Die Beklagte mietete am 22.10.2021 gegen 12:21 Uhr das klägerische Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HH-… mittels ihres vorhandenen Accounts durch eine App bei der Klägerin an. Bei Abschluss des Vertrages akzeptierte die Beklagte mittels Betätigens eines hierfür separat vorgesehenen Kästchens auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin.

Die Beklagte meldete nach Mietende einen erheblichen Sachschaden am klägerischen Fahrzeug. Unstreitig hat die Beklagte diesen nicht vor Fahrtantritt bei der Klägerin gemeldet, obgleich sie nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet war, vor Fahrantritt das Fahrzeug auf Schäden zu prüfen und vorhandene Schäden bei der Klägerin vor Fahrtantritt zu melden. Der Vormieter hatte das Fahrzeug auf Schäden geprüft und unbeschädigt abgestellt.
Es war ein erheblicher und äußerlich erkennbarer Sachschaden vorhanden, den die Beklagte hätte– auch unter Berücksichtigung der Tageszeit – 12:21 Uhr – und den entsprechenden Lichtverhältnissen – wahrnehmen müssen, sofern dieser bei Mietbeginn vorhanden gewesen sein sollte. Die Klägerin geht jedoch davon aus, dass das klägerische Fahrzeug während der Miete von der Beklagten selbst beschädigt worden ist.

Sollte die Beklagte den Schaden nicht selbst verursacht haben, haftet diese aufgrund des bestehenden Mietvertrages in Verbindung mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ebenfalls für den entstandenen Schaden. Nach § 9 Abs. 2 e) der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Beklagte verpflichtet, das Fahrzeug vor Fahrtantritt auf offensichtliche Mängel zu prüfen und diese gemäß § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin unverzüglich zu melden. Der Schaden am klägerischen Fahrzeug war erheblich und war ohne weiteres für die Beklagte wahrzunehmen, sofern dieser bei Fahrtantritt bereits vorgelegen haben sollte. Unstreitig meldete die Beklagte den Schaden nicht vor Fahrtantritt nicht.
Die Vorschriften der §§ 9, 11 und 12 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen halten auch der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB stand. Es sind weder überraschende Klauseln noch wird die Beklagte unbillig belastet. […]

Gegen diese Forderung verteidigte sich die Mandantin. Wir beantragten für die Mandantin, die Klage vollumfänglich abzuweisen. weil unter anderem nicht dargelegt und bewiesen worden sei, dass der Schaden nicht schon vor Fahrtantritt vorhanden gewesen sei. Zudem kam in dem konkreten Fall heraus, dass es sich bei der Share Now GmbH nicht um die Eigentümerin des verunfallten Fahrzeuges handelt. Eigentümer soll vielmehr die A. Fuhrparkmanagement GmbH sein. Hierzu heißt es in dem vorgelegten Schreiben: „Gemäß den AGB der A. Fuhrparkmanagement GmbH ist der Leasingnehmer berechtigt und verpflichtet, die ihm abgetretenen Ansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Diese Ansprüche können Sie im Namen Ihres Mandanten klageweise geltend machen.

Schlussendlich nahm die Share Now GmbH die Klage, vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung, beim Landgericht Berlin überraschend zurück und bezahlte alle aufgelaufenen Gebühren und Auslagen, zur Freude der Mandantin!

Carsharing – Rechtsschutzversicherung will keinen Deckungsschutz erteilen

In einem aktuellen Fall lehnt es die D.Rechtsschutz-Schadenabwicklung GmbH ab, die Kostenübernahme für die Auseinandersetzung gegenüber dem Car-Sharing-Unternehmen zu erklären:

„Sehr geehrter Herr Samimi,
Sie haben uns gebeten, die Kosten für einen Rechtsschutzfall zu übernehmen. Gerne bieten wir Unterstützung, wenn Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden sollen. Hier jedoch geht es darum, Schadensersatzansprüche anderer abzuwehren. Das wiederum übernimmt in der Regel die Haftpflichtversicherung. Bitte informieren Sie daher umgehend die Kfz- oder Privat-Haftpflicht-Versicherung, damit diese prüft, welche Kosten vom dortigen Versicherungsschutz abgedeckt sind.“

Achtung: Diese Rechtsauffassung ist in der Regel nicht richtig, weil es sich in derartigen Fällen nicht um die Abwehr eines Schadensersatzanspruches handelt, sondern um einen vertraglichen Regressanspruch aus dem Mietverhältnis. Dies wird von den Rechtsschutzversicherern mitunter übersehen!

Tipp: In derartigen Fällen sollten Sie den Rechtsschutzversicherer bitten, seine Rechtsauffassung nochmals zu überprüfen.

Nicht immer ist der geltend gemachte Regressanspruch nachvollziehbar

Nach einem klassischen Auffahrunfall nahm das Car-Charing-Unternehmen des Mieter ohne Rechtsgrund in Regress, der abgewehrt werden konnte.
Nach einem klassischen Auffahrunfall nahm das Car-Charing-Unternehmen den Mieter ohne Rechtsgrund auf viele tausend Euro in Regress,, der abgewehrt werden konnte

Mitunter machen Car-Sharing-Unternehmen gegenüber dem Mieter Regressansprüche geltend, die nicht ohne Weiteres nachvollziehbar sind. In einem konkreten Fall bremste unser Mandant das Mietfahrzeug staubedingt ab. Hierbei fuhr das nachfolgende Fahrzeug auf der Abfahrt der Stadtautobahn auf das Mietfahrzeug auf und beschädigte es. Das Car-Sharing-Unternehmen nahm unseren Mandantin auf Schadensersatz in Regress, welcher erfolgreich abgewehrt werden konnte.

In einem anderen Fall schreibt ein Car-Sharing Unternehmen dem Mandanten Jochen S.: „Aus den beiliegenden Unterlagen ist ersichtlich, dass zum genannten Zeitpunkt durch Sie ein Schaden verursacht wurde. Trotz der abgeschlossenen Haftungsbefreiung müssen wir Sie aufgrund – Missachtung des Stopp-Schildes mit dem in der beillegenden Aufstellung bezifferten Schaden belasten.“ Auch hier verlangt das Unternehmen von dem Berufseinsteiger mehrere tausend Euro ersetzt.

Verjährung der Ansprüche

TiPP: Ansprüche des Carsharingunternehmens verjähren binnen 6 Monaten nach der Rückgabe des Fahrzeuges, wenn der Anspruch nicht gehemmt oder unterbrochen wird.

Video: Carsharing kann teuer werden – vor allem nach einem Unfall

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Wann liegt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vor?

Bei all den Fällen stellt sich zunächst die Frage, ob der jeweilige Mieter eines Car-Sharing Unternehmens grob fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Vorsatz setzt das Wissen und Wollen aller Tatbestandsmerkmale voraus. Martin R. wollte keineswegs das Car-Sharing Auto beschädigen als er dem Kleintier auswich und einen Unfall verursachte. Auch handelte er nicht mit bedingtem Vorsatz, da er das Fahrzeug gar nicht bemerkt hatte. Vielmehr handelte er reflexartig. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße nicht beachtet wird. Dies ist der Fall wenn Überlegungen nicht angestellt wurden die jedermann hätten einleuchten müssen. Grobe Fahrlässigkeit verlangt eine objektive grobe Sorgfaltspflichtverletzung. Zusätzlich muss die Sorgfaltspflichtverletzung dem Mieter auch subjektiv besonders vorwerfbar sein. Er muss nach seinen Fähigkeiten die Möglichkeit haben, die Sorgfaltspflichtverletzung zu überblicken.

Im Straßenverkehrsrecht wird die Sorgfaltspflichtverletzung maßgeblich durch die Regelungen des Straßenverkehrsgesetztes und der Straßenverkehrsordnung bestimmt. Gemäß § 41 I StVO i.V.m. Anlage 2, Nr. 3, Zeichen 206 StVO muss beispielsweise vor einem Stoppschild angehalten werden. Das Überfahren eines Stoppschildes wird aufgrund der hohen Gefährlichkeit für andere Verkehrsteilnehmer als grobe Verkehrsverletzung und damit als objektives grob fahrlässiges Verhalten bewertet. In subjektiver Hinsicht stellt es eine Vermutung auf.

Unterstellt, der Schaden wurde durch den Mieter grob fahrlässig herbeigeführt, ist das Car-Sharing-Unternehmen lediglich berechtigt, seine Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Mit anderen Worten haftet der Mieter für die Schäden am Mietfahrzeug ggf. nur anteilig. Über die Höhe des Anteils kann vortrefflich gestritten. Dieser hängt von den Umständen des Einzelfalls und dem Verhandlungsgeschick der Parteien ab. Hier zählt fachkundiger Rat und Erfahrung.

Grundsätzlich sollte man beim Anmieten des Fahrzeuges darauf achten, ob in den Geschäftsbedingungen auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit verzichtet worden ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass es im Falle des Falles keine bösen Überraschungen gibt. Lesen Sie auch den weiterführenden Beitrag der Stiftung Warentest: „Auto­versicherung: Grobe Fahr­lässig­keit – kleine Klausel, große Wirkung“.

Muss ich meinem Carsharing-Anbieter einen Schaden sofort melden, auch wenn ich ihn nicht verursacht habe?

Aufgrund der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist der Nutzer bei den großen Anbietern sogar verpflichtet den Wagen vor Fahrantritt auf mögliche Mängel zu kontrollieren. So heißt es etwa in § 6 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von car2go:Der Kunde ist verpflichtet, das car2go Fahrzeug vor Fahrtantritt auf sichtbare Mängel, Schäden und grobe Verunreinigungen zu überprüfen und diese telefonisch oder über die car2go App an car2go zu melden“ (Stand: Oktober 2016). Ähnliche Formulierungen finden sich auch bei DriveNow und Flinkster. Ein kurzer Rundgang um das Fahrzeug soll dabei grundsätzlich ausreichend sein.

Wer haftet für Schäden, die von dem Nutzer vor Fahrtantritt nicht festgestellt und gemeldet worden sind?

„Gibt der Nutzer keine Neuschäden ein, gilt das Fahrzeug  als optisch und technisch einwandfrei“, heißt es beispielsweise in Ziffer 7.2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der DriveNow GmbH & Co.KG. Im Umkehrschluss bedeutet dies,  dass der Nutzer auch für Schäden haftet, die er unter Umständen nicht selbst verursacht hat.

Auch bei car2go muss im Zweifelsfall der Nutzer beweisen, dass er den Schaden nicht zu verantworten hat. Denn gem. § 14 Abs. 9 der AGBs gilt, dass für einen vorhandenen Schaden nur dann keine Gebühren fällig werden, „soweit der Kunde nachweist, dass er für den Schaden nicht verantwortlich ist, dass kein Schaden entstanden ist bzw. der tatsächlich entstandene Schaden wesentlich geringer ist als die Gebühr.“

Flinkster nimmt seine Kunden ebenfalls in die Haftung, wenn diese Pflichten aus dem Kundenvertrag verletzen, worunter auch die fehlende Meldung von Vorschäden fällt (so § 16 Allgemeine Geschäftsbedingungen Flinkster, Stand: 15.11.2014). Fraglich ist jedoch, wie Schäden behandelt werden, die nach dem Abstellen des Fahrzeuges durch Dritte verursacht worden sind und für die der Mieter nicht verantwortlich ist.

Muss ich nach einem Unfall immer die Polizei hinzuziehen?

Grundsätzlich ist diese Frage wohl zu bejahen, obgleich die Rechtsprechung hierzu uneinig scheint! Das Berliner Kammergericht (KG) hat in seinem Urteil vom 20.11.2017, Aktenzeichen 12 U 11/16, diese Frage bejaht und ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 02.12.2015, Aktenzeichen 23 O 345/14, teilweise abgeändert und wie folgt ausgeführt:

[…] 2. Der Beklagte hat nach Auffassung des Berufungsgerichts jedenfalls grob fahrlässig gegen die grundsätzlich wirksam vereinbarte Verpflichtung, bei Unfällen sofort die Polizei zu verständigen, verstoßen. Die Vereinbarung einer derartigen Benachrichtigungspflicht in AVB von Mietwagenunternehmen ist wirksam, wobei diese Verpflichtung einer Obliegenheit i. S. V. § 28 Abs. 2 VVG gleichzusetzen ist. Während – bei Vorliegen des objektiven Tatbestands einer Obliegenheitsverletzung – der Versicherer bzw. hier die Klägerin Vorsatz zu beweisen hat, wird grobe Fahrlässigkeit auf Seiten des Versicherungsnehmers bzw. hier des Mieters in § 28 Abs. 2 VVG widerleglich vermutet. Der Beklagte hat die gesetzliche Vermutung, wonach die Obliegenheit durch die nicht er folgte Information der Polizei grob fahrlässig verletzt wurde, nicht zur Überzeugung des Gerichts zu widerlegen vermocht. Soweit der Beklagte behauptet, eine Schadenssachbearbeiterin der Klägerin habe dem Beklagten telefonisch erklärt, der Beklagte müsse die Polizei nicht rufen, hat der Beklagte für seine von der Klägerin bestrittene Behauptung keinen zulässigen Beweis angeboten. Die Vernehmung des Beifahrers N. kommt nicht in Betracht, weil dieser das Telefongespräch über die Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs mitgehört hat und der Beklagte nicht dargelegt hat, dass die Klägerin bzw. die Schadenssachbearbeiterin hierzu ihre Zustimmung erteilt haben (vgl. BVerfG Beschluss vom 09.10.2002 – 1 BvR 1611/96).

3. Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass durch sein Verhalten die Feststellungen zum Unfallgeschehen weder erschwert noch vereitelt wurden (§ 28 Abs. 3 Satz 1 VVG). Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass ihr durch das Verhalten des Beklagten etwaige Feststellungen zu Tatsachen, die eine Haftungsfreistellung aus schließen, nicht mehr möglich waren. Soweit der Beklagte sich zum Beweis für seine Fahrtüchtigkeit auf das Zeugnis seines Beifahrers bezieht, war diesem Beweisangebot mangels Beweiswert nicht nachzugehen. Die Aussagen des Beifahrers haben keinen zu einer Blutprobe vergleichbaren Beweiswert (KG, Beschluss vom 27.08.2010 – 6 U 66/10-).

Der Beklagte hat die gesetzliche Vermutung, wonach die Obliegenheit durch die nicht er folgte Information der Polizei grob fahrlässig verletzt wurde, nicht zur Überzeugung des Gerichts zu widerlegen vermocht. Soweit der Beklagte behauptet, eine Schadenssachbearbeiterin der Klägerin habe dem Beklagten telefonisch erklärt, der Beklagte müsse die Polizei nicht rufen, hat der Beklagte für seine von der Klägerin bestrittene Behauptung keinen zulässigen Beweis angeboten. Die Vernehmung des Beifahrers N. kommt nicht in Betracht, weil dieser das Telefongespräch über die Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs mitgehört hat und der Beklagte nicht dargelegt hgt, dass die Klägerin bzw. die Schadenssachbearbeiterin hierzu ihre Zustimmung erteilt haben (vgl. BVerfG Beschluss vom 09.10.2002 – 1 BvR 1611/96).

4. Das Gericht sieht das grob fahrlässige Verhalten des Beklagten als so schwerwiegend an, dass hierdurch sein Anspruch aus der Haftungsfreistellungsvereinbarung um die von der Klägerin in Ansatz gebrachten 70 % zu kürzen ist. Der Beklagte als „Versicherungsnehmer“ wird durch die Obliegenheit, die Polizei zu verständigen, kaum belastet. Für die Klägerin ist die Erfüllung dieser Obliegenheit aber wichtig, um ihre eigenen Ansprüche prüfen zu können. […]“

Kammergericht, Urteil vom 20.11.2017, Aktenzeichen 12 U 11/16.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der siebte Senat des Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14.03.2012, Aktenzeichen XII ZR 44/10.

Anders jedoch der  4. Senat des Bundesgerichtshofes in seiner Entscheidung vom 02.04.2014, Aktenzeichen IV ZR 124/13.

Der Selbstbehalt variiert von Anbieter zu Anbieter

Carsharing-Fahrzeuge sind generell rundum versichert und die Versicherung ist bei den führenden Anbietern im Preis schon mit enthalten. Doch wer einen Unfall oder einen Schaden verursacht, haftet bis zu einer gewissen Summe immer mit. Der Selbstbehalt unterscheidet sich bei den verschiedenen Anbietern stark, so dass auch eine kleine Schramme schnell sehr teuer werden kann. So muss ein Nutzer, der sich für DriveNow entschieden hat, mit einem Betrag von 350 € für den Selbstbehalt rechnen, wie es in Ziffer 8.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von DriveNow heißt (Stand: November 2016).

Bei car2go liegt der Selbstbehalt schon deutlich höher: hier werden, abhängig vom Fahrzeugtyp, von 500 € für einen Smart und bis 1000 € für ein Fahrzeug der Marke Mercedes Benz fällig (§12 Abs.2 AGB).

Noch tiefer in die Tasche greifen müssen die Kunden von Flinkster. Aus  § 13 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der bundesweiten Tarifliste (Stand: Januar 2016)  lassen sich 1500 € Selbstbeteiligung für den Schadensfalls entnehmen.

Tipp: Die Selbstbeteiligung kann bei fast allem Anbietern  gegen Aufpreis reduziert werden. Das lohnt sich vor allem für Dauerkunden. So kann beispielsweise der Selbstbehalt bei car2go durch eine monatliche Pauschale von 9,90 € ganz entfallen. Flinkster bietet ein Jahrespaket für 90 €, mit dem der Selbstbehalt auf 300 € reduziert werden kann. Zu beachten ist allerdings, dass sich dieses Sicherheitspaket um ein weiteres Jahr verlängert, wenn die Kündigungsfrist von 6 Wochen vor Quartalsende nicht eingehalten wird. DriveNow hat bereits seit 2016 den Selbstbehalt für alle Kunden  von 750 € auf 350 € reduziert.

Car-Sharing Vertrag – Grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz

„Die Haftung des Nutzers aus Unfällen für Schäden der Vermieterin ist grundsätzlich auf 350 EUR beschränkt, wenn nicht etwas Abweichendes vereinbart ist. Diese vertragliche Haftungsfreistellung entspricht dem Leitbild einer Vollkaskoversicherung. In diesem Fall haftet der Nutzer für Schäden nur bis zu diesem Betrag“, heißt es beispielsweise in Ziffer 8.3 der Geschäftsbedingungen der DriveNow GmbH & Co. KG.

So weit, so gut! Aber: „Ein Anspruch auf diese vertragliche Haftungsfreistellung besteht nicht, wenn der Schaden vorsätzlich herbeigeführt wurde. Wurde der Schaden grob fahrlässig herbeigeführt, ist DriveNow berechtigt, seine Leistungsverpflichtung zur Haftungsfreistellung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen, heißt es in den Geschäftsbedingungen weiter.

Car-Sharing und das Ausweichen vor einem Kleintier

Diese Rechtsfolge bekam auch der Studenten Martin R. zu spüren, als dieser von einem Car-Sharing Unternehmen auf Zahlung von mehreren tausend Euro in Anspruch genommen worden ist: „Ihr Mandant hat das Mietfahrzeug mit einem neuen Schaden zurück gegeben, weil er einer Katze ausgewichen ist, aufgrund des Ausweichmanövers die Kontrolle über das Fahrzeug verloren wurde und es zu dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall kam. Das Ausweichen vor einem Kleintier mit darauffolgendem Verkehrsunfall stellt sich als grob fahrlässig dar. Eine Reflexhandlung entschuldigt regelmäßig nicht. Ein Kraftfahrer verletzt seine Sorgfaltspflichten in ungewöhnlich hohem Maße, wenn er das mit einer plötzlichen Fahrtrichtungsänderung verbundene  hohe Risiko in Kauf nimmt um einem Kleintier auszuweichen.“

Wie sieht es mit dem Schadensersatzanspruch des Unfallgegners aus?

Grundsätzlich wird dieser durch die bestehende Krafthaftpflicht-Versicherung des Car-Sharing Unternehmens aufgefangen. Jedoch ist der Versicherer gemäß § 103 VVG nicht eintrittspflichtig, wenn der Schaden durch den Schädiger vorsätzlich verursacht wurde, was selten der Fall sein dürfte, was selten der Fall sein dürfte!

Carsharing mit Unfall und Fahrerflucht – Unerlaubtem Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB)

Mitunter entfernen sich Nutzer der Carsharing-Fahrzeuge nach einem Unfall unerlaubt von der Unfallstelle und begehen Fahrerflucht/Unfallflucht. Regelmäßig erscheint dann die Polizei an der Meldeanschrift und verlangt Auskunft wer das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt gesteuert hat. In diesem Augenblick sollte man zunächst die Auskunft auf die Fragen verweigern und sofort einen erfahrenen Anwalt – gerne auch uns – kontaktieren. Erst dann sollte Sie gemeinsam mit dem Anwalt überlegen, ob und inwieweit es ratsam ist, das Carsharing-Unternehmen über den Vorgang zu informieren. Es droht nämlich der Entzug der Fahrerlaubnis wegen Fahrerflucht für rund ein Jahr. Bitte lesen Sie sich an dieser Stelle unseren Beitrag zur Fahrerflucht gut durch. Sie ersparten sich möglicherweise so eine Menge Ärger mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft und den Gerichten!

Carsharing und Trunkenheit/Drogen im Straßenverkehr z.B. THC/Kokain/Ecstasy

Wer ein Fahrzeug unter Alkoholeinfluss steuert verstößt nicht nur gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Carsharing-Unternehmen sondern handelt auch grob Fahrlässig. Zudem hat dies in der Regel die Einleitung eines Strafverfahrens u.a. wegen Trunkenheit im Verkehr zur Folge. Welche schwerwiegenden Folgen drohen, erfahren Sie in unserem Blog Beitrag https://www.ra-samimi.de/alkohol-am-steuer/. Die Ausführungen zur Fahrerflucht und dem Fahren unter Alkoholeinfluss gelten beim Konsum von THC und Drogen sinngemäß. Die Erfahrung zeigt, dass die frühzeitige Kontaktaufnahme mit einem erfahrenen Anwalt sich bezahlt macht uzw. auch dann, wenn dies mit Kosten verbunden ist.

Video: Tücken beim Carsharing

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Tipps und Fazit:

  • Die Vertragsbedingungen vor Fahrtantritt lesen
  • Nach Möglichkeit auf die Selbstbeteiligung ganz verzichten und die Einrede der groben Fahrlässigkeit ausschließen
  • Vor Fahrtantritt das Fahrzeug auf Kratzer, Dellen oder andere offensichtliche Mängel unter Hinzuziehung von Zeugen überprüfen und diese gegebenenfalls melden
  • Im Zweifelsfall das Fahrzeug ablehnen.
  • Sollten Forderungen an Sie herangetragen werden, sollten Sie sich immer das erstellte Sachverständigengutachten nebst Lichtbilder vom Schaden vorlegen lassen um diese auf Plausibilität zu überprüfen.
  • Bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Car-Sharingunternehmen einen Anwalt hinzuziehen.
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Für eine bestmögliche Vertretung sollten Sie einen Spezialisten, nämlich einen Fachanwalt für Verkehrsrecht mit der anwaltlichen Vertretung beauftragen. Dieser wird Ihnen beratend zur Seite stehen und kann auf eine frühzeitige Erledigung Ihres Anliegens hinwirken. Rechtsanwalt Gregor Samimi ist Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Strafrecht in 12203 Berlin (Steglitz-Zehlendorf). Telefon 030 8860303. Kontaktieren Sie uns! Wir helfen Ihnen gerne weiter!

Dieser Artikel wurde herausgegeben von Gregor Samimi.

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